Bei ficken kann es sich wie beim norwegischenfikle→ no (sich heftig bewegen, pusseln) um eine lautmalerische Bildung handeln, die an die alten Bedeutungen‚ hin und her bewegen‘, ,reiben‘ und ‚jucken‘ angelehnt ist. Vorformen des Verbs waren das mittelhochdeutscheficken (reiben) und im 16. Jahrhundert das niederrheinischevycken (mit Ruten schlagen).[1] Andere Verben mit der Bedeutung ‚reiben‘ oder ‚hin und her fahren‘ wären zum Beispiel facken oder fucken. Es ist indes nicht sicher, ob sie Vorformen von ficken sind, von diesem abgeleitet sind oder ob sie überhaupt eine direkte Verbindung zu dem Verb haben. Eine Verbindung zum neuenglischenfuck→ en könnte darauf hindeuten, dass ficken das ältere Wort ist, und würde zugleich nahelegen, dass das -i- in ficken eine im Neuhochdeutschen entstandene Entrundung von -ü- ist. Das -ck- ist eine intensivierende Verdopplung des Lautes und ermöglicht es, das Verb in Verbindung mit vögeln zu bringen. Dazu muss eine germanische Lautform *fug- vorausgesetzt werden, von welcher auch das niederländischefokken→ nl, das norwegische fukka→ no und das schwedischefokka→ sv abstammen. Eine frühere Ursprungsform des Verbs kann das indogermanische*peuk- oder *peug- (stechen, stoßen) sein.[2] Ebenso anschließbar wäre lat. figere "anheften, annageln, kreuzigen, durchbohren", bzw. dessen gr. Pendant θιγγάω thiggaō "berühren, umarmen, eheliche Gemeinschaft haben".[3]
Eine semantische Verschiebung ergab für diese Wurzel die Bedeutung „necken“, etwa in den Worten foppen, fuchsen und Faxen. (vergleiche in diesem Zusammenhang auch niederländisch: neuken „ficken“, das die umgekehrte Bedeutungsverschiebung erfuhr.). Das kölsche Dialektwort poppen würde ebenfalls in diese Gruppe gehören.
Laut dem heute nicht mehr uneingeschränkt anerkannten Wörterbuch der Gebrüder Grimm ist der Ansatz, dass es sich bei ficken um eine Ableitung vom lateinischenfricare→ la (abreiben, reiben) handelt, bei der das -r- getilgt wurde, indessen nicht zielführend. Ebenfalls scheiden nach dieser Quelle das lateinische figere→ la (anheften, befestigen, festnageln), das italienischeficcare→ it (rammen, stopfen) und das französischeficher→ fr (einrammen, einschlagen) als verwandte Wörter aus.[4] Ebenso ist der etymologische Anschluss an die jeweiligen Grundlagen der deutschen Verben fegen (in der Bedeutung "reinigen, schmücken", mhd. vegen, ahd. fegōn, assächs. fegon, anord. fága, mndl. vagen, lit. puõšti "schmücken") und fügen (mhd. vüegen, vuogen, ahd. fuogen, asächs. fōgjan, westgerm. *fōg-ija-, ae. fēgan, afries. fōgia, idg. *pāk- "befestigen", skrt. pāśáyati "bindet", gr. πήγνυμι "binden", lat. compāgēs "Fuge") aufgrund eines unklaren Vokalismus der innergermanischen Parallelen nicht abschließend geklärt. Die Bedeutung ‚miteinander schlafen‘ ist ab dem 16. Jahrhundert in allen Mundarten des deutschen Sprachraumes verbreitet. Da diese Verwendungsweise des Wortes zunächst metaphorisch und aufgrund der ursprünglichen Bedeutungen (siehe oben) äußerst anstößig ist, wird ficken im Neuhochdeutschen ein überaus derber Ausdruck, der kaum in schriftlichen Quellen zu finden ist.[5] Verwandte Wörter in anderen Sprachen sind das niederländische figgelen→ nl (hin und her bewegen), das schwedische fickla→ sv (hin und her bewegen) und das englischefidge→ en (unruhig sein).[6]
Die Bedeutung „stechen“ zeigt sich auch in der Schmiedekunst; nach dem Herstellen eines Schwertes, das zu diesem Zeitpunkt vollkommen durch Schlacke, Zunderreste und Asche verschmutzt war, wurde ein Sandsack an der Decke hochgezogen und das Schwert hineingestoßen. Aus dieser Hin-und-her-Bewegung des Schwertes, also „ein Schwert ficken/fegen“, entstand die Berufsbezeichnung und infolgedessen der Nachname Schwertfeger. Auch Nachnamen wie Fickler und Fickelscherer dürften im Umfeld der Metallschmiedekunst entstanden sein.
Ebenso anzuschließen ist möglicherweise das in Dialekten und Familiennamen noch verbreitete Wort Ficke (auch Fuppe und Futsche, möglicherweise Vorbild für Vut und Votze) für „(Kleider-)Tasche“ (vgl. auch schwed.ficka, „Tasche“). Vergleiche hierzu auch das altgriechische Wort θήκη (théékee) "Behälter, Aufbewahrungsort, Kasten, Kiste", dessen Bedeutung sich in neutestamenlichen Griechischen zunächst zu "Schwertscheide" und im spätantiken Griechischen schließlich zu "Tasche" wandelt.[7]. (Der Lautwandel von griechischem Theta nach ina ist in vielen Sprachen üblich, vgl. z.B. Theodor, russ. Fjodor.)
Die Ausdrücke vögeln und bügeln sind vermutlich als euphemistische Hüllwörter für ficken aufzufassen.
[1] „Eine Hure ist dazu da, dass sie gefickt wird.“[8]
[1] „Es ist eine zum Gemeinplatz gewordene, aber trotzdem wahre Beobachtung - je mehr man fickt, desto mehr will man ficken, und desto besser fickt man!“[9]
[1] „Das Buch handelte von einem Mann, der sich vorgenommen hatte, jeden Tag eine andere Frau zu ficken, und jedesmal anders.“[10]
[1] „Wir sehen das Pariser Schlafzimmer des französischen Gesandten, durch das 24 kleine Schildkröten mit kleinen Kerzen schleichen, während seine Frau mit dem Gärtner fickt.“[11]
[1] Er fickt besser als jeder andere.
[2] Heute haben die Ausbilder unsere Einheit wieder richtig gefickt.
[3] Du willst mich mit deiner Behauptung doch nur ficken.
[1–3] Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion, Annette Klosa u. a. (Hrsg.): Duden, Deutsches Universalwörterbuch. 4. Auflage. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich ISBN 3-411-05504-9, „ficken“, Seite 541
[4] Dudenredaktion (Hrsg.): Duden, Rechtschreibung der deutschen Sprache und der Fremdwörter. In: Der große Duden (in acht Bänden). 15. Auflage. Band 1 Bibliographisches Institut, Mannheim , „ficken“, Seite 258
↑Dudenredaktion (Hrsg.): Duden, Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. In: Der Duden in zwölf Bänden. 3. Auflage. Band 7 Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich ISBN 3-411-04073-4, „ficken“, Seite 215
↑Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24., durchgesehene und erweiterte Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/New York ISBN 978-3-11-017473-1, DNB 965096742, „ficken“, Seite 291
↑Wilhelm Gemoll, Griechisch-deutsches Schul- und Handwörterbuch, München, 1991
↑Germana vortaro de Jakob kaj Wilhelm Grimm (Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm) „ficken“.
↑Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 8. Auflage. Deutscher Taschenbuch Verlag, München ISBN 3-423-32511-9, „ficken“, Seite 341
↑Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 8. Auflage. Deutscher Taschenbuch Verlag, München ISBN 3-423-32511-9, „ficken“,S. 341
↑Wilhelm Gemoll, Griechisch-deutsches Schul- und Handwörterbuch, München, 1991
↑Eine deutsche Leidenschaft namens Nudelsalat und andere seltsame Geschichten. 4. Auflage. Deutscher Taschenbuch Verlag, München ISBN 978-3-423-14003-3, Zitat: Seite 145. Zitat aus einer direkten Rede.